Part I
21. Juni 2020 - 21. August 2020
21. Juni 2020 - 21. August 2020
Die Köpfe hinter den Bildern
Yannick Meusel setzt sich in seinen Arbeiten mit der Erfahrung des eigenen Körpers und des ichs auseinander. Die Suche nach dem eigenen Zentrum. Er steht beim Malen mittig vor dem Papier und arbeitet zeitgleich mit beiden Händen. Er schreibt dazu: In den Bildern kann ich meine eigene Kraft und Energie als Mensch erfahren, aber auch meine Grenzen. Die Bilder sind Projektionsflächen, auf denen die Spuren seiner Person in körperlicher und geistiger Ebene sichtbar werden. Die Arbeiten laden dazu ein an dieser Erfahrung teil zu nehmen.
In der Serie Glaube male ich Menschen, von denen ich denke, dass sie an sich glauben und dem nachkommen, was sie lieben und was sie unbedingt machen müssen. Müssen in der Form, dass sie zum Glücklichsein ihren inneren Träumen nachgehen. In der Serie habe ich Maler, Schauspieler, Sänger, Komponisten, Dirigenten, Illustratoren, Schriftsteller, Musiker und Tänzer gemalt. Mit Ausnahme einer Person alles weitgehend unbekannte Persönlichkeiten, die ihren kreativen Traum nachgehen und es großartig machen, unabhängig von Erfolg oder Misserfolg.
Lea Wellner hat in ihrer Arbeit eine moderne Ikone geschaffen. Ein Ort der Kontemplation- der Zentrierung. Gleich der Idee der Ikone verzichtet sie auf einen individuellen malerischen Duktus. Die ryhmetisierenden Rechtecke sind gedruckt und vermeiden damit eine individuelle Handschrift. Es gibt keine Zeit, lediglich ein pulsieren um ein Zentrum. Aber- und dies ist vielleicht ein Attribut der Neuzeit- bei genauer Betrachtung ist die Leinwand aufgebrochen, zerstört. Man kann sie als Disharmonie deuten – oder aber als eine Erweiterung in einen neuen Raum.
Antonia Sames hat eine sehr persönliche und konzeptuelle Arbeit für die St Magnus Kirche erstellt, in der Kunst und das Wort Gottes miteinander verschmelzen. Gott hat dir einen Brief geschrieben, einen Brief der so lang ist, dass daraus ein Buch geworden ist: Die Bibel. Sie fordert den Besucher der Kirche auf einen Brief mit zu nehmen. Dieser enthält eine Seite, die sie aus ihrer persönlichen Bibel heraus genommen hat. Sie schreibt: Ich glaube an einen Gott, der sich dir in der Bibel offenbart, der dich geschaffen hat und sich eine persönliche Beziehung zu dir wünscht. Jedes einzelne Wort der Bibel ist ganz persönlich an dich gerichtet. Nun liegt es an dir, ob du diesen Brief lesen und für dich annehmen möchtest. Antonia Sames hat ein offenes künstlerisches Konzept entworfen, das auf poetische, unaufdringliche Art und Weise den Besucher, den Betrachter versucht die Bibel näher zu bringen.
Tessa Goliasch bezieht sich in ihrer Arbeit direkt auf die bereits existierenden Bilder der St Magnus Kirche. Aber sie interpretiert diese neu. Führt diese in das 21 Jahrhundert. In jeder Szene die sie malt, zeigen sich Unschärfe, Ruhe und Bewegtheit. Alles bleibt angedeutet. Tessa Goliasch wollte nicht die biblischen Geschichten direkt benennen, bezieht sich aber auf diese. Geschichten werden angerissen aber nicht zu Ende formuliert. Ein Bedeutungsraum entsteht, der gefüllt werden möchte. Glaube hat für sie viel mit dem zu tun, was der Mensch nicht konkret sehen und erfassen kann und doch das Bewusstsein oder die Hoffnung besitzt dass dort „etwas“ ist.
Nathalie Hummer setzt sich in ihren abstrakten Malereien mit der Deutung auseinander. Die Bild- wie auch die Bibel-Hermeneutik stehen für sie dabei vor den gleichen Herausforderungen: die unterschiedlichen - bewußten oder unbewußten - Wahrnehmungen der Betrachter oder Leser variieren je nach Lebenserfahrung, Anschauung oder Erwartung. Text sowie Bild werden individuell aufgefasst. Der Glaube ist für sie dabei der Wille sich den Spielraum zwischen dem Deut- und Interpretierbaren vertraut zu machen und damit auch das verbindende Element einer Gemeinschaft mit individuellen Ansichten. Die Röntgenaufnahme der Marienfigur steht für sie als Deutungsversuch mit wissenschaftlichen Mitteln bzw. mit dem „reinen Verstand“ sich dem Glauben oder dem Kunstwerk zu nähern. .
Der jahrhundertealte Holzaltar der Kirche in Tating symbolisiert die christliche Deutungshoheit. Dem gegenüber erscheint das Apotheosis Triptychon von Kasia Kohl und Söntke Campen. Beim Betreten der Kirche findet der Betrachter sich im Zentrum des Spannungsfeldes beider Werke. Apotheosis ist eine malerische Zusammenarbeit zwischen Kampf und Symbiose - schöpfender Aufbau und willkürliche Zerstörung. Im rauschhaften Schaffensprozess festigt sich die Zerrissenheit. Die Koexistenz von brutaler Abstraktion und feiner Figuration visualisieren die Idee der Aufklärung. Gott und Zufall, Sinn und Unsinn. Apotheosis, 2019, 600x260cm, Öl, Lack und Acryl auf Leinwand.
Wie würde eine Religion sich heute darstellen, wie würde sie aussehen? Diese Fragen hat sich Kasia Kohl gestellt und die Antwort in einem Video gegeben: Futura