Part II
23. August 2020 – 18. September 2020
23. August 2020 – 18. September 2020
Die Köpfe hinter den Bildern
Für die Ausstellung zum Thema Glauben hat Jonathan Esperester ein Puppentheater, das sein Vater in seiner Kindheit gebaut hatte, in einem größeren Maßstab nachgebaut. Der Aufbau ist dem Altar nachempfunden – es ist ein Triptychon, wobei die mittlere Tafel ein Bühnenraum mit drei wechselnden Hintergründen ist. Im Gegensatz zum Altarbild gibt es in seinen Bildern keine Figuren – die Handpuppen fehlen. Auf den drei Leinwände sind Momenten aus seiner Vergangenheit und Gegenwart dargestellt. Es sind verlorene Orte der Erinnerung. Aber natürlich ist sich Jonathan Esperester der bildlichen Christlichen Tradition bewusst. Erinnert nicht der leere Tisch aus der Kindheit an das Abendmahl? Er stellt uns Fragen an die Bedeutung. Gerade mit der Abwesenheit von Jesus und den Aposteln. Aber es fordert aber auch auf: Sich hin zu setzen. Teil zu nehmen und eine neue Gemeinschaft zu gründen.
Philippa Brueck beschäftigt sich in ihren Arbeiten mit der figürlichen Malerei. Der Fokus liegt dabei in der Farbigkeit. Sie interessiert sich für Farbklänge und Atmosphäre. Die in der Kirche ausgestellten Arbeiten sollen in ihrer Deutung offen sein – Philippa Brueck möchte es dem Betrachter/der Betrachterin selbst überlassen, sie zu interpretieren und auf unterschiedlichste Weise zu deuten.
Für Andrea Wandinger bezieht sich in ihrer Arbeit auf das bereits existierende Bild oben an der Kanzel. Ihr ist aufgefallen, dass dort – wie bei vielen anderen kirchlichen Malereien – meist nur weiße Menschen zu sehen sind. Dabei ist für sie Glaube etwas Inklusives. Unabhängig von jeglicher Identität, Gender oder Herkunft ist er für jeden zugänglich. Leider fehlt diese Veranschaulichung oft in traditionellen kirchlichen Gemälden. Daher setzte sie sich zur Aufgabe diese Wahrnehmung des Glaubens bildnerisch darzustellen. Sie stellt die Frage: Beinhaltet die Glaubensgeschichte nicht eine Vielseitigkeit an Menschen? Und: Bedeutet nicht Glaube auch eine Akzeptanz und Inklusion aller bestehenden Gender-, Identitäts-und Völkergruppen?
Matthias Sterffs Arbeiten beschäftigen sich mit einem Zwischenraum, dem Grat zwischen Realismus und Abstraktion. Dabei schwanken die Bilder zwischen ein, zwei und dreidimensionalen Formen und Räumlichkeit. Der Betrachter suchen auf ganz natürliche Weise einen Weg, Form und Farbe zu interpretieren. - Dem Dargestellten einen Sinn zu geben. Ein Bedeutungsraum entsteht, der von dem Betrachter aktiv selber gefüllt werden muss. Dabei sind die Assoziationen und die Antworten auf diese Frage von Person zu Person unterschiedlich. Diese steht für Matthias Sterff sinnbildlich auch für den Glauben, der für ihn niemals eine objektive Antwort beinhaltet, sondern bestenfalls eine Atmosphärische Gemeinsamkeit.
Maike von Appens Mobile – Balance – aus Stahl zeigt eine Anzahl von Individuen. Jedes für sich starr und kalt. Teilweise offensichtlich starke oder verletzliche Drahtfiguren sind miteinander verbunden. Das Mobile – der Begriff stammt ursprünglich von Marcel Duchamp und bezeichnete ein Werk von Alexander Calder – stellt eine Gesellschaft dar. Eine Gesellschaft die voneinander abhängig ist. Das Agieren des Einzelnen beeinflusst das gesamte System. Selbst das schwächste, kleinste Glied kann eine Gesellschaft, das Werk, aus dem Gleichgewicht bringen. Der Glaube aneinander, Nächstenliebe und Vertrauen beruhigen und stabilisieren das Gleichgewicht. Für Maike von Appen vermittelt dies auch das Leben und die Idee von Jesus Christus.
Caroline Reißner bezieht sich in ihrer Arbeit auf die besondere geografische Lage von Tating- der Nähe zum Meer- und der großen Verbundenheit der Menschen zu dem Element. Auch für Caroline Reißner ist die Natur- die Naturerfahrung- von zentraler Bedeutung und Wichtigkeit. Dies möchte sie in dem Werk darstellen. Den Arbeitsprozess mit Resin beschreibt sie poetisch: Wie den Tanz der Wellen auf dem Meer. Es ist ein fließender Prozess- in dem es eine Wechselwirkung zwischen der Materialität und der Künstlerin gibt. Das flüssige Resin lässt zufällige – oder besser: inspirierende Farbverläufe und Formen entstehen. Den Platz für die Arbeit wurde bewusst am Fenster gewählt, denn das Licht, dass durch die Arbeit scheint, lässt dabei die Komplexität der vielen Schichten fühlen. Mit ihrer Interpretation des Kirchenfensters, stellt sie sich in eine künstlerische wie architektonische Tradition.
Eitelkeit, Geiz, Wolllust, Jähzorn, Völlerei, Neid und Faulheit, das sind bekanntlich die Todsünden. Über dem Vater Unser, unter der Orgel befindet sich die Portraitserie „acht Todsünden“ von Eva Hambach. Aus diesen Portraits blicken die Todsünden auf die Kirchengemeinde herab. Die Kirchengemeinde blickt zurück, erkennt sich vielleicht in der ein oder anderen wieder. Rätselt, hinter welchem Gesicht sich welche Todsünde verbirgt. Kann man jemandem ansehen, welche verwerfliche Eigenschaft er in sich trägt? Sinkt diese Person deshalb in unserem Ansehen? Ist es nicht im Gegenteil so, dass unsere Gesellschaft einige Laster längst zu ihren Grundpfeilern ernannt hat? Der aufmerksame und belesene Betrachter hat außerdem schon längst erkannt: „acht Todsünden“... waren da denn nicht früher nur sieben? In der Portraitserie reiht sich ein achtes Laster in die Reihe der Todsünden ein, vielleicht sogar das aktuellste: die Ruhmsucht. Der Betrachter kann sich die Frage stellen: setzt die Ruhmsucht der Disziplin des Portraits, der Ikone nicht wortwörtlich die Krone auf?“ Schnell noch ein Selfi?!
Brian Nguyen Quang widmet sich in seinen Arbeiten der figürlichen Malerei. Im Zentrum steht die Figur. Auch wenn das Dargestellte realistisch wirkt, gibt es keine direkten Deutungsweisen. Im Bild 'The Visitor' erscheint uns eine maskierte Figur in einer Trümmerlandschaft. Offen bleibt es, in welchem Bezug die Figur zu der sie umgebenden, dystopisch wirkenden Szenerie steht.